Geschichte
Anwendungsbereiche der ketogenen Diät
Praktische Durchführung der ketogenen Diät
Wirksamkeit der ketogenen Diät
Rezeptbeispiele
Bereits aus der Antike (Hippokrates) gibt es Hinweise auf das Fasten in der Behandlung von Epilepsien. Französische Autoren berichteten 1911, daß nur noch 4 von 26 Patienten nach einer 10 tägigen Fastenkur Anfälle hatten. In den USA publizierte 1921 Geyelin, daß viele Patienten während des Fastens und auch noch einige Monate danach anfallsfrei blieben. Im gleichen Jahr veröffentlichte Wilder seine Annahmen, dass der antikonvulsive Effekt des Fastens durch die Ketonkörper2 bedingt sei, die beim Abbau der Fettreserven entstehen. Seine Empfehlung, dass mit entsprechender Nahrungsaufnahme (Erhöhung der Fettzufuhr bei gleichzeitiger drastischer Verknappung von Kohlenhydraten) eine günstige therapeutische Wirkung auf die Anfälle erzielt werden kann, wurde in den zwanziger Jahren von mehreren Kliniken bestätigt. Er empfahl schon damals das Ausmaß der Ketose in Blut und Urin zu bestimmen. Da 1921 erst zwei wirksame Medikamente (Brom 1857, Phenobarbital 1912) zur Epilepsiebehandlung verfügbar waren, erlebte die ketogene Diät in den nächsten beiden Jahrzehnten eine große Verbreitung. Mit der Entdeckung neuer Antiepileptika z.B. Phenytoin (1938), Trimethadion (1946) oder Primidon (1953) rückte die ketogene Diät, die eine sehr hohe Disziplin von den Beteiligten erforderte, zunehmend in den Hintergrund und hatte lediglich in den USA eine gewisse Bedeutung. In den 70er Jahren wurde die Diät vorwiegend in den USA vermehrt wieder bei Kindern eingesetzt, die entweder gegen alle eingesetzten Medikamente therapieresistent waren oder mit erheblichen Nebenwirkungen reagierten.
In Deutschland wurde die Diät, der spärlichen
Literatur zu Folge, nur vereinzelt als letzte Chance auf einen
Behandlungserfolg bei schwersten Formen kindlicher Epilepsien
eingesetzt. Obwohl es neuere Studien zum Thema ketogene Diät gibt wurde
der Behandlungsansatz von Fachleuten sehr zurückhaltend beurteilt. Erst
ein im Herbst 1997 vom Kölner Privatsender RTL ausgestrahlter
amerikanischer Spielfilm:
"So lang es noch Hoffnung gibt" (u.a. mit Meryl Streep) brachte
ein gewisses Umdenken. Der Spielfilm, der auf einer wahren Begebenheit
beruht, zeigt eindrücklich den Krankheitsverlauf eines Jungen, der nach
langen schwierigen Therapieversuchen mit Hilfe der ketogenen Diät, seine
Epilepsie besiegt. Nach Ausstrahlung des Films haben besorgte Eltern
Deutschlands Fachkliniken mit Anfragen zum Thema ketogene Diät
überhäuft. Verschiedene Kliniken haben darauf umgehend reagiert und
widmen der ketogenen Diät, trotz derzeitiger Finanzmittelknappheit im
Gesundheitswesen, deutlich mehr Aufmerksamkeit.
Anwendungsbereiche der ketogenen Diät
Die ketogene Diät kann bei allen Formen der Epilepsie, insbesondere bei therapieresistenten und keiner Operation zugänglichen Epilepsieformen als Therapie verwendet werden.
Die Diät wird sehr erfolgreich auch bei der Behandlung des Glukosetransporter-(Glut1)Defektes sowie des Pyruvatdehydrogenase-Mangels angewendet.
Darüber hinaus existieren Erfahrungsberichte mit sehr kleinen Patientenzahlen, bei denen die ketogene Diät erfolgreich bei der Behandlung nachfolgend angeführter Erkrankungen eingesetzt wurde:
Störungen im Komplex I der Atmungskette
Phosphofruktokinase-Mangel
Rett-Syndrom
Asperger-Autismus
Landau-Kleffner-Syndrom
Weiters werden intensive Forschungen betrieben, inwieweit es möglich ist, die ketogene Diät auch zur Behandlung anderer neurologischer Erkrankungen zu verwenden (z.B. Alzheimer, Parkinson und Autismus).
In Tierversuchen wurde die ketogene Diät bereits sehr wirkungsvoll zur Behandlung von Gehirntumoren verwendet.
Praktische Durchführung der ketogenen Diät
Die schwierig einzuhaltende Diät sollte unter strenger
Indikationsstellung nur den Patienten zugemutet werden deren Anfälle
weder medikamentös noch operativ zufriedenstellend behandelt werden
können. Ein Diätversuch sollte nur unter ärztlicher Kontrolle begonnen
werden. Der beste Weg ist ein kurzer stationärer Aufenthalt (ca. 1-2
Wochen) der gleichzeitig dazu dient die Angehörigen in die Zubereitung
der Nahrung bzw. der Überwachung der Ketose3
einzuweisen.
Zu Beginn der Diät stellt sich häufig vorübergehend eine Unterzuckerung
(Hypoglykämie) ein. Um einer gefährlichen Stoffwechselentgleisung
(besonders im Kleinkindalter) vorzubeugen wird der Blutzuckerspiegel
überwacht. Die geänderte Stoffwechsellage erfordert auch die sorgfältige
Überwachung der eingenommenen Antiepileptika und ggf. eine
Dosisanpassung.
Die Umstellung auf die ketogene Diät wird mit ca. 24-72 Std. langen Fasten eingeleitet mit dem Ziel einer Ketonurie4. In dieser Zeit ist die Aufnahme von kohlenhydratfreier Flüssigkeit erlaubt. Anschließend wird ein stufenweiser Aufbau der ketogenen Diät durchgeführt. Wichtig ist es dabei den vom Alter abhängigen Energiebedarf im richtigen Verhältnis (meist 4:1) bedarfsgerecht umzusetzen in ketogene (Fette) und antiketogene (Kohlenhydrate+Proteine) Nährstoffe. Dafür gibt es Tabellen nach denen die Nahrungsmittel grammgenau abzuwiegen und zuzubereiten sind. Das 4:1 Verhältnis ist bei jeder Mahlzeit einzuhalten.
Den Kohlenhydratbedarf (KH) z.B. aus Rahm decken (max. 50%) und die übrigen Kohlenhydrate aus Früchten und Gemüse hinzufügen. Die Proteine (Eiweiß) in Rahm, Früchten, Gemüse und Fleisch (Geflügel), Fisch oder Käse berücksichtigen. Das Fett im Rahm, Öl, Butter oder Mayonese berechnen. Jede Mahlzeit auf den entsprechenden Tagesbedarf (Frühstück, Mittag-, Abendessen, Zwischenmahlzeit) berechnen. Zum Süßen nur Süßstoff (Aspartan, Cyclamat, Saccharin) verwenden.
Wirksamkeit der ketogenen Diät
Die verschiedenen Studien über die Wirksamkeit der ketogenen Diät sind schwierig miteinander zu vergleichen. Das Zahlenmaterial der letzten 75 Jahre läßt dabei so manche Fragen offen und berücksichtigt dabei kaum den derzeitigen Stand der Epilepsietherapie. An dieser Stelle soll deshalb auf ausführliche Übersichtsdarstellungen von Studien verzichtet werden. Obwohl die Diät bei vielen Patienten eine Verbesserung ihres Anfallsleidens bedeutet, ist der genaue Mechanismus über die anti-konvulsive Wirkung, die ohne Zweifel besteht auch nach neusten Erkenntnissen noch immer unklar. Wie viele Autoren immer wieder bestätigen gibt es für die ketogene Diät prinzipiell keine Altersbeschränkung. Die besten Ergebnisse werden aber im Kleinkindalter (ca.2-5Jare) erzielt. Vermutlich hängt dies jedoch damit zusammen, dass man die Kinder in diesem Alter am engsten kontrollieren kann und Mangels ihrer Kenntnis anderer Speisen die Diät aus geschmacklichen Gründen nicht so häufig verweigern. Welche Epilepsien am besten auf die ketogene Diät ansprechen ist ebenfalls noch unklar. Viele Autoren geben an, daß Anfälle aus dem Formenkreis des Lennox-Gastaut- Syndroms und der Epilepsie mit myoklonisch-astatischen Anfällen am ehesten auf die Diät ansprechen. Es muß aber berücksichtigt werden, dass bei Kindern mit diesen häufig therapieresistenten Epilepsiesyndromen besonders oft ein Diätversuch unternommen wurde. Die Wirkung der ketogenen Diät bei anderen Epilepsieformen ist hingegen nicht ausreichend untersucht. Eine Analyse von 9 Publikationen aus den Jahren 1990-1997 zeigt folgendes auf:
Anwendung der KD nur bei pharmako-resistenten Patienten
Anwendung bei Kindern (Durchschnittsalter 6,5 Jahre)
Behandlungsdauer 1-24 Monate
Von 429 Patienten wurden 9% (39) anfallsfrei (zumindest f. einige Monate) und bei 39% (187) gab es eine Anfallsreduktion um mind. 50%
Durchgängig Verbesserung von Verhalten, Vigilanz und Lernvermögen der überwiegend geistig behinderten Patienten. Die Medikamente konnten in der Regel reduziert werden.
Etwa ein Drittel der behandelten Kinder mit pharmakoresistenten nicht operablen Epilepsien konnten von der ketogenen Diät profitieren. Es konnte eine deutliche Reduktion der Anfälle (um mind. 50%) und vereinzelt auch Anfallsfreiheit erreicht werden.
Die folgenden Rezeptbeispiele sind auf die speziellen Verhältnisse von Ciro abgestimmt. Sie dürfen daher nur nach konkreter Anpassung auf den jeweiligen Einzelfall (Körpergewicht, Art der Erkrankung, Tageskalorienanzahl, Eiweißmenge) durch ÄrztInnen und DiätologInnen angewendet werden.
Mahlzeit1: Verhältnis
4,04:1
(224,19 Kalorien, 3,5g Eiweiß, 22,44g Fett und 2,1g Kohlehydrate)
Rührei mit Knisterbrot
Zutaten:
22g Ei ganz versprudelt
16g Schlagobers (36% Fett)
11,1 g Rapsöl
3,8g Butter (82 % Fett)
2g Knisterbrot (Hersteller: 3 Pauly)
Zubereitung:
Ei, Schlagobers und Öl sehr gut vermischen, eventuell leicht salzen. In
einer kleinen beschichteten Pfanne dieses "Rührei" stocken lassen. Etwas
abkühlen lassen.
In der Zwischenzeit Knisterbrot mit Butter vorsichtig bestreichen.
Das Eiergericht am besten direkt aus der Pfanne mit Knisterbrot
servieren.
Zum Schluss mit einer Teigspachtel die Pfanne gut ausstreichen,
um sicher zu stellen, dass der gesamte Fettanteil verabreicht wird.
Getränk:
Wasser oder stark verdünntes Cola Zero oder ungesüßten Tee, insbesondere
grünen Tee (der besonders für die Bildung der Ketonkörper zu empfehlen
ist) im Beutel. In Deutschland ist auch das Sprite Zero erhältlich.
Mahlzeit 2:
Verhältnis 4,07:1
(199,97 Kalorien, 3,5g Eiweiß, 20,03g Fett, 1,5g Kohlehydrate)
Spinat
Zutaten:
39,0 g Cremespinat (Iglo "Zwutschgerl")
16,0g Schlagobers (36% Fett)
11,5g Rapsöl
14g Ei ganz versprudelt
Zubereitung:
In einer kleinen Pfanne Spinat, Schlagobers und Rapsöl heiß machen. Das
versprudelte Ei entweder in den Spinat einrühren oder als Rührei-Beilage
servieren. Wenn ein Rührei zubereitet wird, bitte eine beschichtete
Pfanne verwendet.
Getränk: w.o.
Mahlzeit 3:
Verhältnis 2,99:1
(1.199,95 Kalorien, 14g Eiweiß, 116,1g Fett, 24,8g Kohlehydrate)
Nusskuchen in Apfelfüßen
Zutaten:
48g Ei (im Handel gibt es entsprechend kleine Eier; ein ganzes Ei mit
Schale wiegt ca. 54g)
19g KetoCal (von SHS)
47g Rapsöl
20g Mandeln gemahlen
40g Schlagobers (36%)
109g Apfelmus (ohne Zuckerersatz)
20g Rapsöl
Zubereitung:
Aus dem Eiweiss des Eis ohne Schale (48g) wird Eischnee geschlagen,
KetoCal mit Mandeln gut vermischen, anschließend mit Obers und Öl mit
einem Mixer schaumig rühren. Süßen mit Süßstoff (kohlehydratfrei) nach
Belieben. Danach Eischnee unterheben. In kleinen Silikonbackformen
backen.
Apfelmus mit Öl (am besten mit einem Pürierstab) schaumig schlagen.
Kuchen und Apfelmus in 4 Teile aufteilen.
Zum "Überzuckern" kann man z.B. eine Vitamintablette verwenden.
Mahlzeit 4:
Verhältnis 4,01:1
(224,68 Kalorien, 3,5g Eiweiß, 22,47g Fett, 2,1g Kohlehydrate)
Himbeershake
Zutaten:
10,3 Kohlehydratfrei (von SHS)
43,0g Himbeeren (tiefgekühlt oder frisch)
32,2g Calogen (von SHS)